Ex-Profis- vs Ex-Amateur-Trainer

In Deutschland sorgen Trainer für Aufsehen, die allesamt keine Stars als Fußballer waren: Klopp, Tuchel und Dutt um nur einige zu nennen. In Österreich sorgt Paul Gludovats mit dem SV Ried für Furore. Gludovats war nie Profi, seine höchste Station als Spieler war der SV Oberwart. Während der DFB bereits umdenkt (Sammer: „Fußball spielen und Fußball lehren ist ein gewaltiger Unterschied„) wird im ÖFB nur nach Ausreden gesucht um die Inzucht-Strategie zu rechtfertigen (Janeschitz auf die Frage warum kein österreichischer Fußballtrainer im bedeutenden Ausland tätig ist: „Das hängt sicher mit dem Stellenwert des österreichischen Fußballs zusammen.„).

Was unterscheidet aber einen guten, von einem schlechten Trainer? Was sollte ein guter Trainer alles haben? Und warum Willi Ruttensteiner die Tatsache, dass Ex-Profis die besseren Voraussetzungen haben, nicht einmal in seinem eigenen Buch anführt?

Ein Wechselbad der Gefühle durchkam mich, als ich die Stellungnahme von Willi Ruttensteiner (hier auf der ÖFB-Homepage nachzulesen) im 90-minuten.at- Blog lesen musste. Zuerst musste ich wirklich herzhaft lachen, denn offensichtlich haben Janeschitz und Ruttensteiner komplett unterschiedliche Ansichten zu dem Thema. Aber bitte, soll so sein. Je mehr ich darüber nachdenke, umso wütender macht mich dieses Thema.

Herr Ruttensteiner ist ja zum Glück nicht nur Sportdirektor des ÖFB, sondern er ist auch Buchautor. Zum Glück deshalb, weil in seinem Buch kein Wort darüber verloren wird, dass Ex-Profis auch die besseren Trainer sind (oder warum schenkt ihnen der ÖFB sonst 20 Punkte im Aufnahmeverfahren?). Das Buch erachte ich übrigens als sehr gelungen und kann es jedem Trainer ans Herz legen (gibt es beim ÖFB zu bestellen)!

Aber zurück zum ersten Kapitel des Ruttensteiner Buches „Von den besten lernen“. Gleich im ersten Kapitel widmet sich Ruttensteiner dem Thema „Trainerpersönlichkeit“. Süfsisanter Weise beginnt der Artikel mit einem Zitat von Jose Mourinho (der ja alles andere als ein Profi-Spieler war). Gut, man möge diesen kleinen Makel noch verzeihen, aber ein paar Zeilen weiter schreibt Willi Ruttensteiner:

Von vielen Weltklassetrainern wurden die folgenden Trainerentwicklungsstufen als ideal, bzw. notwendig angeführt:
1. Stufe: Ausbildung / Fachwissen
2. Stufe: Arbeit in der Spielerentwicklung
3. Stufe: Assistenz – die Arbeit an der Seite eines großen Trainers
4. Stufe: Cheftrainer“ (Seite 7 auf dem Buch von Willi Ruttensteiner „Von den besten lernen“)

Was ist jetzt los? Habe ich mich etwa verlesen? Habe ich die “ 0. Stufe: Ex-Profi-Spieler“ überlesen? Nein, ich habe mich nochmals vergewissert. Kein Wort, kein Buchstabe, nichts ist von einem Ex-Profi zu finden. Nun gut, ist ja schließlich auch die Rede von Weltklasse-Trainern. Davon hatten wir in Österreich ja bekanntlich nur einen, Ernst Happel.

Rainer Sturm / pixelio.de

Blicken wir weiter in das Buch. Gleich in den nächsten Zeilen wird es nämlich nochmals spannend:

In einer weltweiten Befragung von Spitzentrainern nach den wichtigsten Eigenschaften für erfolgreiche Trainer wurden folgende Merkmale genannt: Mentale Stärke, Einsatzbereitschaft, Wille, Fachwissen, Selbstvertrauen, Optimismus. Als Fehler werden Arroganz, Angst, Zögern und zu wenig Kommunikation genannt.“ (Seite 7 auf dem Buch von Willi Ruttensteiner „Von den besten lernen“).

Auch diesen Absatz hab ich noch einmal sorgfältig durchgelesen. Wieder nichts von Ex-Profi in der Aufzählung zu finden. Und ich nehme es vorweg, auch im restlichen Kapitel zum Thema Trainerpersönlichkeit kommt das Wort Ex-Profi-Fußballer nicht vor.

Wäre spannend wie uns Herr Ruttensteiner diese Tatsachen nach seiner Rückkehr von der U20-WM erklärt. Vielleicht können die verantwortlichen des ÖFB den Kritikern ein offenes Ohr für Argumente gegen diese zwanzig „Ich-war-früher-mal-Teamspieler-Punkte“ schenken. Dialog wäre einmal was neues, muss doch irgendwann fad werden sich mit irgendwelchen Stellungnahmen ohne jegliche Argumente durchs Leben zu schlagen.

Hier noch eine kurze Linkliste zu interessanten Artikeln zu diesem Thema:

Ein Gedanke zu „Ex-Profis- vs Ex-Amateur-Trainer“

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